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8 Erkenntnisse aus dem Digital News Report 2023

von Franziska Bluhm am 14.06.2023

Einmal im Jahr beleuchtet der Digital News Report (DNR) wie weltweit Nachrichten digital konsumiert werden, welches Vertrauen der Journalismus genießt und wie es um die Geschäftsmodelle steht. In diesem Jahr umfasst der Report 160 Seiten. Meine Zusammenfassung in acht spannenden Erkenntnissen. 
 

  1. Der DNR 2023 liest sich wie ein letzter Weckruf. 
    Der strukturelle Wandel hin zu einem digitalen, mobilen und plattformdominierten Umfeld habe sich weiter beschleunigt und werde getrieben von Generationen, die nur noch mit digitalen Medien aufgewachsen sind und die sich fast ausschließlich auf diese verlassen. Nachrichtenangebote, die sich an den Gewohnheiten der älteren Generationen orientieren, haben kaum noch eine Chance, diese digitale Generation zu erreichen. 

    Die aktuelle Wirtschaftskrise, das sinkende Vertrauen und die Nachrichtenmüdigkeit bringen zusätzliche Auswirkungen auf Geschäftsmodelle. Doch die digitalen Medien seien die "neue Normalität". Hier müssten Journalist*innen und Medienmarken mit der Öffentlichkeit Kontakte aufbauen und in Kontakt bleiben. Es sei noch nie so wichtig wie jetzt gewesen, Inhalte zu liefern, die durch Genauigkeit, Nutzen und Menschlichkeit bestechen. Es komme jetzt mehr denn je darauf an, Relevanz und Vertrauen wiederherzustellen.
     
  2. Facebook bleibt das meistgenutzte soziale Netzwerk und hat ein Problem.
    Einerseits nimmt die Bedeutung der Social-Media-Plattformen im Kampf um Aufmerksamkeit und Relevanz zu. Andererseits fällt es Medienmachenden immer noch schwer, die richtige Aufbereitung zu finden, um dort relevanten, partizipativen Journalismus zu machen, der die richtigen Zielgruppen erreicht. 

    Das liegt auch daran, dass in den Netzwerken unterschiedlich mit Nachrichten umgegangen wird. Während Twitter-Nutzende eher auf harte Nachrichten aus Politik und Wirtschaft stehen, wird auf TikTok, Instagram und Facebook eher eine humorvolle Aufbereitung von Nachrichten konsumiert.

    Hinzu kommt: Auf den beliebten Netzwerken Instagram, Tiktok und Snapchat erhalten Promis, Influencer*innen und Social-Media-Persönlichkeiten mehr Aufmerksamkeit als Journalist*innen. Plattformen wie Twitter und Facebook, auf denen Medienmarken und Journalist*innen noch mehr Einfluss haben, verlieren in der Gunst der Aufmerksamkeit.  
     
  3. Partizipativer Journalismus hat in Deutschland noch nie funktioniert und hier sind die Zahlen.
    Menschen, die sich mit Nachrichten digital aktiv beschäftigen, sie diskutieren oder anderweitig mit ihnen interagieren, sind vor allem männlich, besser gebildet und haben eine klare politische Haltung. Der Anteil derer liegt in Deutschland aber gerade einmal bei 11 Prozent. Satte 67 Prozent sind passive Konsumenten von Nachrichten. Nur in Japan, Dänemark und UK gibt es noch weniger Menschen, die sich aktiv an Debatten beteiligen. Der Durchschnitt über alle Länder liegt bei 22 Prozent. 
     
  4. Das Vertrauen in Nachrichten sinkt.
    In allen untersuchten Ländern ist das Vertrauen zurückgegangen, in Deutschland überdurchschnittlich und auf ein Niveau unter das Hoch aus der Corona-Pandemie. Das spiegelt sich auch in dem sinkenden Vertrauen für fast alle Medienmarken wider. Medienskandale (u.a. RBB), Regierungswechsel, Energieunsicherheit und Ukrainekrieg waren hier Faktoren.

    Erstmals als Phänomen benannt: die effektive Taktik von politischen Akteuren, mithilfe von Medienkritik vom eigenen Fehlverhalten abzulenken und/ oder einzuschüchtern.  
     
  5. Die Zahlungsbereitschaft für Nachrichten sinkt. 
    Wenn es Nachrichtenmedien nicht gelingt, die Aufmerksamkeit der Menschen zu erhalten, dann ist es noch schwieriger, diese auch noch zum Zahlen zu bewegen. Sprich: Lag die Zahlungsbereitschaft für Nachrichtenmedien im vergangenen Jahr bei 14 Prozent, sinkt sie wieder auf elf Prozent. In diesem Zusammenhang passt auch, dass 33 Prozent der Abonnierenden in den vergangenen Monaten ihre Abos gekündigt oder „nachverhandelt“ haben. Die Gründe: mangelnde Nutzung, wenig Zeit und die wirtschaftliche Situation.

    Düstere Aussichten: 54 Prozent derer, die bisher kein Abo haben, würde auch gar nicht auf die Idee kommen, eins abzuschließen. Aus mangelndem Interesse oder fehlender Wertschätzung für die Inhalte. 
     
  6. Nachrichtenkonsum ist textbasiert.
    Noch sagen 57 Prozent der Online-Nutzenden über alle Länder hinweg, dass sie Nachrichten lieber lesen als schauen oder hören, weil Text ihnen einen schnelleren und kontrollierteren Zugang zu Informationen verschafft. In Deutschland liegt der Anteil mit 67 Prozent sogar noch höher. Video wächst weiter - über Social-Media-Plattformen versteht sich und nicht auf Nachrichtenseiten.
     
  7. Vorselektion von Nachrichten gefällt nicht.
    Medien gewichten und selektieren - schon immer. Und spricht man Menschen darauf an, wie sie sowas finden, sind sie grundsätzlich skeptisch. Man könnte ja was verpassen. Der DNR fragte nun, welche Auswahlmethode (journalistisch oder algorithmisch) die bessere ist. Ergebnis: Das Vertrauen in all diese Mechanismen sinkt, jedoch am meisten in die journalistische Vorauswahl (Rückgang von 2016 bis heute um 29 Prozent).

    Auch der Personalisierung begegnen viele mit Skepsis: Ungefähr die Hälfte fürchtet, dass Personalisierung dazu führt, bestimmte Informationen nicht mehr mitzubekommen.
     
  8. Wirtschaftsjournalismus muss verständlicher werden

    Es gibt immer noch viele Menschen, die Finanz- und Wirtschaftsnachrichten schwer verständlich finden. Der DNR weist darauf hin, dass es sich hierbei vor allem um Menschen handelt, die diese Informationen am dringendsten benötigen. 

    Besonders betroffen seien diejenigen, die die Auswirkungen von Krise und Inflation am stärksten spüren, sowie Frauen und Menschen mit geringerem Einkommen und Bildungsniveau. Hier gibt es also eine Nische, die es (endlich) zu schließen gilt.

Hier mein Text aus dem vergangenen Jahr. 

Der Text stammt aus meinem wöchentlichen Newsletter. Hier abonnieren.

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Über die Autorin

Franziska Bluhm

Franziska Bluhm

Telefon: 0170 – 300 3671

E-Mail: post@franziskabluhm.de

Franziska Bluhm gehört zu den renommiertesten Medien- und Digitalprofis in Deutschland, mit mehr als 18 Jahren Führungserfahrung in unterschiedlichen deutschen Medienunternehmen - über Handelsblatt und WirtschaftsWoche, Rheinische Post und BILD. Sie unterstützt und begleitet Unternehmen und Redaktionen, gibt Trainings und Coachings, moderiert und hält Vorträge.

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