Digitalstrategie
Medien und Kommunikation: Was kommt in 2025?
von Franziska Bluhm am 09.01.2025
Nach zwei Jahren Stagnation trauen die deutschen Wirtschaftsinstitute der deutschen Wirtschaft auch 2025 nur wenig zu. Die Probleme sind überwiegend hausgemacht. Das wirkt sich auf die wirtschaftliche Lage aller Unternehmen aus und hat Folgen für den Arbeitsmarkt. Das hat Folgen für alle, die in Marketing, Kommunikation und Medien arbeiten. Sie müssen dafür sorgen, dass das, was sie tun, zum wirtschaftlichen Erfolg beiträgt. Es geht darum, authentische und direkte Verbindungen mit dem Publikum aufzubauen und Technologie bewusst einzusetzen, statt sie nur der Existenz wegen zu nutzen. Es bedarf der Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle, die unabhängig von den Launen der Plattformen bestehen können. Dabei bleibt es wichtig, redaktionelle Exzellenz zu wahren, auch wenn Veränderungen notwendig sind. Und: Immer darauf vorbereitet sein, dass es auch anders kommen kann, als man denkt. Auch darauf kann man vorbereitet sein: Wer hier strategisch seine Hausaufgaben gemacht hat, sollte bestens aufgestellt sein.
Ein paar Dinge gibt es, auf die wir uns bereits einstellen können.
Neun Thesen für 2025.
1. Künstliche Intelligenz in den Newsrooms
In vielen Newsrooms spielt sie schon jetzt eine Rolle und sei es lediglich, weil die Mitarbeitenden selbst diese Art von Tools für ihre Contenterstellung ausprobieren oder gar verwenden. Besser ist hier sicherlich ein strategisches Vorgehen im Gesamtunternehmenskontext. Gerade, wenn es um die Personalisierung von Nachrichten und Inhalten oder automatisierte Interaktionen geht. Zudem bedarf es eines verantwortungsvollen Umgangs und eines echten Enablings der einzelnen Mitarbeitenden, um ein Verständnis dafür zu schaffen, dass das reine Schreiben von Inhalten über ChatGPT oder andere generative Sprachmodelle nicht unbedingt auf die Kommunikationsstrategie einzahlt. Besonders dann, wenn man sich von anderen abheben will.Gleichzeitig bedarf es aber auch Regeln und Sicherheitsvorkehrungen, die eingeführt, eingehalten und je nach Entwicklung angepasst werden müssen.
Gleichzeitig sehen wir, dass die Entwicklung bereits vor der Tür steht: Nach den Large Language Models kommen die Large Action Models (Schöne Erklärung von Amy Webb: "If LLMs predict what to say next, LAMs predict what should be done next, breaking down complex tasks into smaller pieces.") Wie können solche Modelle im Newsroom eingesetzt werden, um die Arbeit zu erleichtern und welche Services können Kommunikator*innen und Journalist*innen ihren Nutzer*innen hier anbieten? Hier braucht es zeitnah Antworten.
2. Klassische Medien verlieren an Macht
Im vergangenen Jahr habe ich noch geschrieben, dass der Druck auf klassische Medienschaffende weiter steigen wird. Das hat sich nicht nur wirtschaftlich bewahrheitet, sondern auch in Sachen Relevanz.
- Haben wir viele gute Ideen gesehen, mit denen Medienmarken vor allem nachrichtenmüde Menschen wieder für sich begeistern?
- Sehen wir viele erfolgreiche Strategien, mit denen diese Medienmarken etwas dagegen tun, dass sich vor allem junge Menschen zunehmend bei Influencer*innen und Newsfluencer*innen auch über Nachrichten informieren?
Sicherlich sind die größeren Marken hier aktiver. Vielmehr könnte man die Frage stellen, ob klassische Medienmarken mittlerweile mehr davon profitieren, mit Influencer*innen zusammenzuarbeiten als umgekehrt, um in bestimmten Zielgruppen überhaupt noch wahrgenommen zu werden.
Schon jetzt erzielen z.B. unabhängige Podcasts auch in Deutschland riesige Reichweiten, selbst Angela Merkel geht mittlerweile zu Matze Hielscher, um ihr Buch zu promoten, genau wie all die anderen Spitzenpolitiker*innen, die dort in den vergangenen Monaten zu Gast waren, um ihre Geschichte zu erzählen und nicht mehr nur in den traditionellen Medien auftauchen.
Die von Mark Zuckerberg angekündigte Xisierungder Meta-Plattformen wird diesen Trend verstärken.
3. Authentisch die eigene Geschichte erzählen
In einer zunehmend digitalisierten und durch soziale Medien geprägten Welt wird Authentizität zu einem zentralen Erfolgsfaktor, um Vertrauen und langfristige Beziehungen aufzubauen. Es geht darum, ehrlich über die eigene Geschichte, Erfolge, Misserfolge und Werte zu sprechen, ohne etwas zu beschönigen oder zu übertreiben. Authentisch zu sein bedeutet zum einen, Verletzlichkeit zu zeigen und zuzugeben, dass der Weg nicht immer perfekt oder einfach war. Zum anderen aber auch, dass das, was man erzählt, mit dem übereinstimmt, wie man handelt.
Vertrauen ist die Basis für echte Beziehungen, Authentizität hilft, sich in einer Welt von standardisierten Inhalten abzuheben. Menschen bleiben Marken und Personen treu, mit denen sie sich verbunden fühlen.
Was Medienmarken von Influencer*innen lernen können, habe ich hier schon einmal aufgeschrieben.
4. Social Media ist Content Media
Wer jetzt noch nicht seine Strategie darauf umgestellt hat, Inhalte wirklich für die Plattformen zu produzieren, ist verdammt spät dran. Nicht nur, dass fast alle Plattformen es entweder nicht ermöglichen, externe Links zu setzen oder diese abstrafen. Plattformen, die Inhalte bevorzugen, die auf Teilbarkeit optimiert sind, brauchen Inhalte, die komprimiert Informationen direkt bereitstellen. Das kann ein LinkedIn-Post sein, der alle wichtigen Informationen beinhaltet, ohne dass ich erst noch den Deep Dive auf der Website lesen muss. Das kann ein Thread auf einem der Kurznachrichtendienste sein, der in kurzen Abschnitten ein Thema erklärt. Oder es kann ein Video sein, das auf Tiktok, Instagram oder Youtube Shorts in aller Kürze ein Thema beleuchtet.
5. Twitter-Ersatz? Geh zu LinkedIn
Immer wieder wurde in den vergangenen Monaten diskutiert, wer denn nun der Twitter-Nachfolger ist - gerade für Unternehmen, Verbände, Organisationen. Ich halte die Diskussion um Bluesky, Threads oder Mastodon in diesem Kontext mittlerweile für müßig. Denn aus meiner Sicht wird es keiner dieser Kanäle schaffen, das, was vielen auf Twitter gelang, dort aufzubauen. Mein Tipp: Auf LinkedIn fokussieren. Gründe: Text funktioniert da immer noch gut, Videos werden immer relevanter, die Newsletter-Funktion kann Sichtbarkeit bringen. Und gerade für Seitenbetreibende kann das noch ein Mittel sein, ohne Paid Content Sichtbarkeit zu erzielen.
6. Der (langsame) Abschied vom Search-Traffic
Googelst du noch oder findest du schon? Es ist schon erstaunlich, wie schnell sich KI-Tools wie ChatGPT, Perplexity und Gemini auch in der Suche nach Inhalten etabliert haben - selbst bei Menschen, die bisher nicht als besonders techaffin galten. Fakt ist: Die Art, wie wir an Informationen gelangen wollen, verändert sich bereits jetzt. Das verändert auch das, was wir auf den Google-Suchergebnisseiten finden: direkte Antworten. Schon jetzt enden mehr als die Hälfte aller Suchanfragen auf der Ergebnisseite und mit dem Einsatz von KI wird sich dieser Trend weiter verschärfen. Sprich: Webseitenbetreibende müssen sich mit neuen Wegen beschäftigen, wie sie Menschen auf ihre Inhalte aufmerksam machen, denn auch Suchmaschinen als Trafficbringer brechen nach und nach weg.
7. Eigene Communitys führen zum Erfolg
Daraus folgt: Medienschaffende müssen ihre eigenen direkten Beziehungen zu ihren Zielgruppen aufbauen - mithilfe von Newslettern, Podcasts oder anderen Kanälen, über die sie die Hoheit haben. Mili Semlani von Splice Media bringt es auf den Punkt: "Audience engagement is dead, audience connection is the future.”
8. Social-Media-Kommunikation mit Ad-Budget
Was wir für Seitenbetreibende bei Facebook bereits vor Jahren erlebt haben, schwappt jetzt auf die anderen Kanäle über: Organische Kommunikation wird in den sozialen Medien – mit Ausnahmen – für Unternehmen und Organisationen immer schwieriger. Für Sichtbarkeit bedarf es zunehmend Werbebudget.
9. Krise als Härteprüfung für die Unternehmenskultur
Fakt ist, 2025 wird ein Jahr, in dem sich Krisen zuspitzen werden, neue hinzukommen. Die Unsicherheit wird bleiben. Das wird sich auch auf die Arbeitsbedingungen auswirken. Stellen fallen weg oder werden nicht neu besetzt, der Druck auf die Teams, die eigenen Prozesse zu überdenken und anzupassen wird steigen. Gleichzeitig wird es schwieriger, geeignete Fachkräfte zu finden und diese zu halten. Individuelle Lösungen müssen her, um Mitarbeitende zu halten und zu entwickeln - von flexiblen Arbeitsmodellen, passgenauen Weiterbildungsprogrammen oder anderen Benefits. Die wiederum kosten Geld.
Auch Führungskräfte sind hier nochmal einmal anders gefragt: Sie müssen in diesem ohnehin angespannten Umfeld, all den oben genannten Herausforderungen gerecht werden und gleichzeitig Führung so gestalten, dass auch sie sich weiterentwickeln und resilient und kreativ neue Entwicklungen aufgreifen.
Wer in all diesen Fragen Unterstützung benötigt, einfach Kontakt aufnehmen.
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Über die Autorin
Franziska Bluhm gehört zu den renommiertesten Medien- und Digitalprofis in Deutschland, mit mehr als 18 Jahren Führungserfahrung in unterschiedlichen deutschen Medienunternehmen - über Handelsblatt und WirtschaftsWoche, Rheinische Post und BILD. Sie unterstützt und begleitet Unternehmen und Redaktionen, gibt Trainings und Coachings, moderiert und hält Vorträge.
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