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Social Media: Influencer-Strategien für Medienmarken
von Franziska Bluhm am 03.10.2024

Wer als Medienmarke auf Social Media erfolgreich sein will, könnte sich Strategien von Influencer*innen und Content-Creator*innen abschauen. Das klingt vielleicht zunächst sehr provokativ. Denn keineswegs geht es mir darum, dass Medienmarken und deren Gesichter nun ständig Cremes und andere Produkte in die Kamera halten und auf allen Kanälen nur noch Werbung machen. Vielmehr geht es darum, die eigenen etablierten Arbeitsweisen und die damit einhergehende Glaubwürdigkeit von Journalist*innen mit deren Erfolgsfaktoren zu verbinden.
Schon jetzt entstehen neue Medienmarken
Denn machen wir uns nichts vor: Aus Blogger*innen und Content-Creator*innen sind in den vergangenen Jahren neue Medienmarken entstanden - abseits der bestehenden. Medienmarken, die häufig über eine hohe Glaubwürdigkeit verfügen, das Bedienen von Social-Media-Plattformen perfekt beherrschen und hinter denen häufig Persönlichkeiten stehen, die mit ihren Kanälen gewachsen sind. So sehr, dass sie für einige etablierten Medienmarken eine echte Konkurrenz sind.
Damit meine ich nicht Marken, die Jogginghosen verkaufen, Parfüms oder Hafermilch. Sondern Unternehmen, die selbst wie kleine Verlage agieren.
Neue Anforderungen an Social Media
Gleichzeitig haben sich die Regeln, wie via Social Media Menschen erreicht werden können, verändert. Diversifizierung, die Bewegtbildisierung, der Rückzug in geschlossene Räume und Messenger, der zunehmende Einfluss von Algorithmen auf das, was uns angezeigt wird, sodass wir vor allem Themen und Inhalte sehen, die wir uns zuvor lang angeschaut haben. Mehr dazu hier.
Hier sind neun Strategien von Influencer*innen und Content-Creator*innen, die jede Medienmarke beherzigen sollte.
1. Nische finden und bedienen
Lokal oder regional sein ist hier noch keine Nische. Was interessiert die Zielgruppe wirklich? Wie kann ich als regionales Medium Inhalte schaffen, für die ich wiedererkennbar bin und geschätzt werde? Viele Medienmarken agieren auf Social Media wie ein Gemischtwarenladen - was dazu führt, dass man als Mensch, der vielleicht noch nie Kontakt zu der Marke hatte, gar nicht weiß, wofür diese steht, geschweige denn, warum man sich diese Inhalte anschauen sollte.
Bei Sallys Welt, dem Instagram Account von Saliha "Sally" Özcan, finde ich exakt das, was in ihrer Bio steht: alles zum Thema Backen, Kochen, Rezepte, Küche und Lifestyle. Und sie ist so erfolgreich - zweistelliger Millionenumsatz laut Business Insider. Bei Mr. Düsseldorf auf Instagram finde ich Ausgehtipps in Düsseldorf. (Ratet mal, was es bei Mr. München gibt).
Ich bleibe beim Beispiel Instagram - wenn man klarer formuliert, welche Inhalte Nutzer*innen erwarten, folgen sie einem und man hat die Möglichkeit, sie über Stories auch mit Links zu versorgen, die auf die eigene Webseite verweisen. Ist die gut gestaltet - und ist der Funnel gut aufgebaut, überzeugt man sie evtl. auch davon, dass es noch viel mehr spannende Inhalte zu anderen Themen gibt. Man überzeugt sie, die E-Mailadresse für den Newsletter herauszugeben, sich einzuloggen oder irgendwann sogar für bestimmte Inhalte zu zahlen.
2. Die richtigen Kanäle identifizieren
Es gibt unzählige Kanäle, aber wenige Ressourcen. Hinzu kommt, dass die Art und Weise, in der auf den Kanälen kommuniziert wird, zwar häufig ähnlich ist, aber doch auch unterschiedlich ist. Wer weiß, was er will, kann dann auch die passenden Kanäle ableiten. Mit einer Ansprache und Gesichtern, die zu den Zielgruppen passen, die sie erreichen wollten. Mit Inhalten, die fürdiese Zielgruppe eine hohe Relevanz haben. Und mit einem Storytelling, das diese Zielgruppe auf dieser Plattform gewohnt ist.
3. Inhalte planen
Als regionale Tageszeitungen nur Tageszeitungen waren, galt als eines der wichtigsten Kriterien für Themen, die es ins Blatt schafften, die Aktualität. Ich selbst kann mich noch gut erinnern, wie der Chef vom Dienst bei der Rheinischen Post gegen 22 Uhr hektisch wurde, wenn in den USA bedeutende und überraschende Quartalszahlen veröffentlicht wurden, sodass die Zeitungsausgabe nochmal aktualisiert werden musste.
Zwar spielt Aktualität immer noch eine wichtige Rolle. Gleichzeitig wissen wir aber: Die Halbwertzeit von Nachrichten ist oft gering. Daher kann es hilfreicher sein, auf Themen zu setzen, die zum Markenkern passen und gleichzeitig planbarer sind. Da wir mehr Videoinhalte benötigen, und da wir sicherstellen müssen, dass diese Videos auch ein Publikum finden, kommt es darauf an:
- in den ersten zwei Sekunden klarzumachen, worum es geht,
- UND warum es sich lohnt, das gesamte Video zu schauen
- das Video so spannend zu erzählen und mit Bildern auszustatten, dass man es auch wirklich zu Ende schaut,
- vielleicht sogar zu einem Kommentar animiert.
4. Influencer zeigen sich
Fast alle Influencer im Netz gewähren ihren Followern auch Einblicke in ihr Privat- und Gefühlsleben – primär um auch als Mensch für diese erfahrbar zu sein und eine emotionale Beziehung zu ihnen aufzubauen. Auch hier gilt: Medien, die persönlich kommunizieren, Gesichter für ihre Medien und Themen aufbauen, sind häufig erfolgreicher.
5. Influencer stehen erkennbar für bestimmte Werte
Warum? Weil sie sich als vertrauenswürdige Marke aufbauen. Das Gute: Medien sind ja schon Marken. Das Schlechte: Immer weniger Menschen - vor allem jüngere kennen diese Marken, geschweige denn, wofür sie stehen. Eine Marke kennzeichnen zwei Faktoren: Sie ist aufgrund ihres Auftritts beziehungsweise Erscheinungsbilds wiedererkennbar, und sie gibt den Kunden ein Leistungsversprechen. Welches Leistungsversprechen geben Ihr Medienmarken auf den Kanälen und gibt es hier in der Vermittlung noch Optimierungspotenzial?
6. Regelmäßig posten und mit anderen Accounts interagieren
In fast allen Netzwerken sehen wir die Inhalte, mit denen wir am wahrscheinlichsten interagieren würden - dafür sorgen Algorithmen. Deshalb erscheint in unseren Feeds auch vor allem das, was wir vorher zu lange geschaut haben. Um auch andere Inhalte zu sehen, muss ich regelmäßig mit Postings interagieren - und wenn ich sie mir wenigstens bis zu Ende anschaue.
Diese Mechanismen sorgen dafür, dass ich, obwohl ich einem Kanal folge, dennoch nur wenige Inhalte des Kanals ausgespielt bekomme. Wenn ich also sichtbar bleiben oder sichtbarer werden möchte, muss ich selbst aktiv werden: Auch Medienmarken können mit anderen Menschen interagieren. Und nicht jede Medienmarke muss das so machen wie Dr. Oetker oder die BVG.
7. Kontakte pflegen - und Kooperationen eingehen
Influencer kooperieren häufig, um voneinander zu profitieren, Aufmerksamkeit wird geteilt, es entstehen neue Formate, und gemeinsam ist es möglich, durch die unterschiedlichen Communities, die jede*r mitbringt, zu wachsen.
Einige Medien nutzen das bereits. So ist die Autorin und Unternehmerin Tara Louise Wittwer beispielsweise seit einigen Monaten Kolumnistin beim Spiegel. Nicht nur der Instagramkanal profitiert von ihrer Reichweite und sorgt für Sichtbarkeit der Marke in einer Zielgruppe der Frauen um die 30.
8. Inhalte optimieren
Das, was wir uns an Inhalten ausdenken, kann gut sein. Und natürlich ist es sinnvoll, gestarteten Formaten ein wenig Zeit zu geben. Es ist aber dennoch wichtig, genau zu schauen, was gut läuft und was nicht, um danach die Strategie anzupassen und im Zweifel etwas Neues auszuprobieren.
9. Neue Wege gehen
Auch Influencer müssen oft neue Wege gehen – zum Beispiel, weil ihre Zielgruppe zunehmend von Facebook zu Instagram abwandert, weil sie einem Trend folgend, neue Vorlieben entwickelt, weil sie sich selbst weiterentwickelt haben. Das tun sie aber nur, wenn es dafür auch echte Belege gibt. Und nur, weil alle sagen, dass Facebook nicht mehr funktioniert, heißt das nicht, dass es auch in allen Zielgruppe nicht mehr funktioniert.
Ob man in neuen Netzwerken dabei ist, sollte nicht erst nach zahlreichen Gremiensitzungen beschlossen werden müssen. Manchmal hilft es auch, erst einmal ein bisschen auszuprobieren. Daher sollte für einen neuen Kanal nicht immer erst ein ganzes Konzeptpapier geschrieben werden.

Dies ist eine gekürzte Variante meines Impulsvortrags, den ich im August 2024 auf dem Ideenfestival der Mitteldeutschen Zeitung und der Magdeburger Volksstimme gehalten habe.
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Über die Autorin

Franziska Bluhm gehört zu den renommiertesten Medien- und Digitalprofis in Deutschland, mit mehr als 18 Jahren Führungserfahrung in unterschiedlichen deutschen Medienunternehmen - über Handelsblatt und WirtschaftsWoche, Rheinische Post und BILD. Sie unterstützt und begleitet Unternehmen und Redaktionen, gibt Trainings und Coachings, moderiert und hält Vorträge.
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